Arbeitsrecht - 27.04.2021

Corona: Das dürfen Arbeitgeber verlangen

Entgegen aller Hoffnungen werden wir noch für längere Zeit mit dem Corona- Virus leben müssen. Für Arbeitgeber wird es immer schwieriger, bei den vielen gesetzlichen Regelungen, behördlichen Vorgaben, der Fürsorgepflicht gegenüber der gesamten Belegschaft und den Persönlichkeitsrechten der Beschäftigten den Überblick zu behalten. Was gilt denn nun im Arbeitsverhältnis?

Maskenpflicht bei der Arbeit?

Wann Masken am Arbeitsplatz getragen werden müssen, legt die regelmäßig aktualisierte SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung verbindlich für alle Betriebe und Unternehmen fest. Danach müssen Arbeitgeber mindestens bis zum 30. April 2021 wo es möglich ist ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schicken. Kann dies nicht ermöglicht werden, muss der Arbeitgeber regelmäßig prüfen, ob an den betroffenen Arbeitsplätzen Schutzmaßnahmen getroffen werden können, die genauso wirksam sind wie das Tragen einer Maske. Dazu müssen Gefährdungsbeurteilungen für jeden Arbeitsplatz erstellt werden. Können solche Maßnahmen nicht umgesetzt werden, müssen alle Beschäftigten immer dann medizinische Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz) am Arbeitsplatz tragen, wenn

  • sich in einem Raum – auch Pausenraum – mehr als eine Person pro 10 Quadratmetern aufhält,
  • der Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden kann oder
  • wenn Wege vom und zum Arbeitsplatz innerhalb von Gebäuden zurückgelegt werden.

Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass ein Schutz der Beschäftigten durch Mund-Nase-Schutz nicht ausreichend ist und Masken mit der Funktion des Eigenschutzes notwendig sind, sind vom Arbeitgeber FFP2-Masken bereitzustellen. Dies gilt insbesondere, wenn es bei der Arbeit zu einem erhöhten Aerosolausstoß kommt, z. B. bei körperlich anstrengender Arbeit oder bei betriebsbedingten Tätigkeiten mit Kontakt zu anderen Personen eine anwesende Person einen Mund-Nase-Schutz nicht tragen muss.

Zudem dürfen Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nase- Schutzes während der Arbeitszeit auch in solchen räumlichen Bereichen anordnen, in denen es nicht zwingend vorgeschrieben ist (Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 16. 12. 2020, 4 Ga 18/20). Das Gericht hatte keine Bedenken gegen die Vorgehensweise des Arbeitgebers, der die Beschäftigung und damit auch die Bezahlung eines Mitarbeiters ablehnte, der sich nachhaltig weigerte, der Anordnung zum Tragen einer Maske zu folgen.

Ausnahmen kann es zudem für Tätigkeiten geben, in denen das Tragen einer Maske nicht möglich ist. Auch im Fall eines ärztlichen Nachweises – ein einfaches Attest ist im Einzelfall nicht ausreichend – kann die Maskenpflicht am Arbeitsplatz für einzelne Beschäftigte aufgehoben werden.

Maskenpflicht bei der Arbeit
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Praxistipp

Die Verordnung bestimmt bei Vorliegen der o. g. Voraussetzungen ganz eindeutig zwei Dinge:

  • Arbeitgeber müssen auf ihre Kosten ihren Mitarbeitern FFP2-Masken (oder vergleichbare medizinische Masken) zur Verfügung stellen.
  • Die Beschäftigten sind verpflichtet, die gestellten Masken zu tragen, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen.

Dürfen Corona-Tests angeordnet werden?

Von allen Arbeitgebern wird erwartet, dass sie ihren in Präsenz arbeitenden Mitarbeitern mindestens einmal wöchentlich einen sog. Corona-Schnelltest zu Verfügung stellen (Selbstverpflichtung, d. h. zurzeit keine Pflicht, jedoch Ausnahmen in den Corona-Schutzverordnungen der Länder möglich). Sie haben jedoch kein Recht, ohne Anlass von ihren Beschäftigten die Durchführung eines Corona-(Schnell-)Tests zu verlangen. Ebenso wenig dürfen sie ohne Anlass eine Kontrolle der Körpertemperatur durchführen bzw. vornehmen lassen.

Nur wenn der begründete Verdacht besteht, dass eine Infektion mit dem Corona-Virus stattgefunden hat, kann die Vorlage eines ärztlichen, ggf. amtsärztlichen Attests, die Vorlage eines aktuellen Testergebnisses oder eine betriebsärztliche Untersuchung verlangt werden. Dieses Recht des Arbeitgebers bestand aber bei anderweitigem Infektionsverdacht auch schon vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie.

Wie weit das Anordnungsrecht des Arbeitgebers in der aktuellen Situation geht, müssen letztlich die Arbeitsgerichte klären – entsprechende Entscheidungen stehen jedoch noch aus.

Dürfen Corona-Tests angeordnet werden
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Praxistipp

Sofern Arbeitgeber die Einführung von Schnelltests in ihrem Betrieb oder Unternehmen für sinnvoll halten, wofür ja vieles spricht, sollten sie mit dem Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung schließen. Auf diese Weise können sie eine Rechtsgrundlage für Tests schaffen, die in ihrem Betrieb von allen Beschäftigten zu beachten ist. Im Anschluss können Arbeitgeber anordnen, dass Mitarbeiter ohne Test ihrer geschuldeten Arbeit nicht nachgehen dürfen, was im Regelfall zu einem Verlust des Vergütungsanspruchs führt.

Besteht eine Pflicht zum Impfen?

Bei der Frage, ob Arbeitgeber von ihren Beschäftigten verlangen können, sich impfen zu lassen bzw. welche Folgen eine Weigerung des Arbeitnehmers haben kann, betritt man arbeitsrechtliches Neuland.

Einerseits besteht ganz eindeutig keine gesetzliche Verpflichtung, sich impfen zu lassen, nicht einmal in pflegenden oder sog. körpernahen Berufsfeldern. Bei Risiken durch evtl. Nebenwirkungen dürfte die Impfung ohnehin in keinem Fall verlangt werden. Eine andere Frage ist jedoch, ob Arbeitgeber die Beschäftigung und Vergütung von Mitarbeitern ablehnen können, wenn diese eine Impfung verweigern.

Zumindest in Berufsfeldern, in denen Arbeitgeber besondere Schutzpflichten gegenüber Patienten, pflegebedürftigen Personen etc. haben, wird in Wirtschaftskreisen die Auffassung vertreten, dass Mitarbeiter ihre Arbeitskraft nicht ordnungsgemäß anbieten und deshalb freigestellt werden können, wenn sie ein Impfangebot ablehnen und dennoch zur Arbeit erscheinen. Ein solches Vorgehen ist jedoch gewagt und derzeit nicht durch Urteile der Arbeitsgerichte abgesichert. In anderen Arbeitsbereichen, insbesondere ohne Infektionsgefahr für besonders schutzbedürftige Menschen, wird man mangels Rechtsgrundlage so nicht verfahren können.

Impfen während der Arbeitszeit?

Die Zeit, bis genügend Impfstoff für alle Beschäftigten zur Verfügung steht, scheint immer häufiger für die Diskussion genutzt zu werden, ob Mitarbeiter sich in ihrer Freizeit impfen lassen müssen oder dazu unter Fortzahlung ihrer Bezüge von der Arbeit freizustellen sind.

Aktuell gilt: Sofern nicht eine Betriebsvereinbarung etwas anderes vorgibt, sind Arztbesuche und damit auch Impftermine grundsätzlich in die arbeitsfreie Zeit zu legen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Beschäftigten auf eine ärztliche Terminvorgabe keinen Einfluss nehmen können oder zwingende Gründe einen Arztbesuch innerhalb der Arbeitszeit erforderlich machen.

Zumindest so lange sich alle Mitarbeiter um einen Termin in einem Impfzentrum bewerben müssen, haben sie auf das vorgegebene Zeitfenster kaum Einfluss und sind damit gem. § 616 BGB bezahlt von der Arbeit freizustellen. Gleiches wird gelten, wenn Betriebe eine Impfung intern vorgeben und durchführen lassen, z. B. durch Betriebsärzte. Erst wenn die Möglichkeit besteht, einen Impftermin frei zu wählen, können Arbeitgeber verlangen, den Termin in die arbeitsfreie Zeit zu legen.

Praxistipp

Sinnvoller wäre es sicher, die Belegschaft von einer Impfung zu überzeugen und Impfwillige durch Boni oder andere Zusatzleistungen zu belohnen.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass dieser Inhalt zwischenzeitlich veraltet sein könnte.

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